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„Sport und Sucht: Leistung bringen ist keine Entspannung. Eine kritische Betrachtung der Sportsucht und ihre vielfältigen Auswirkungen“.

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Dieser wissenschaftliche Artikel zeigt verschiedene Störungsbilder im Zusammenhang mit Sportsucht auf. Die Auswirkungen von exzessivem Sport auf die physische und psychische Gesundheit werden betrachtet, wobei auch die kulturspezifischen Aspekte berücksichtigt werden. Eine Liste von 19 Störungsbildern wird präsentiert, wobei angegeben wird, ob sie im ICD-10, ICD-11 oder in der Literatur zu finden sind. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht alle Störungsbilder im diagnostischen Klassifikationssystem aufgeführt sind, was auf die Notwendigkeit weiterer Forschung und Sensibilisierung hinweist. Es wird betont, dass Sport grundsätzlich gesund ist, aber eine kritische Betrachtung und ein verantwortungsbewusster Umgang erforderlich sind, um potenzielle Risiken zu minimieren.

Sport ist eine beliebte Aktivität, die sowohl körperliche Fitness als auch psychisches Wohlbefinden fördern kann. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass exzessiver Sport und eine zwanghafte Fixierung auf sportliche Leistung zu problematischem Verhalten führen können. Im Rahmen dieses Artikels werden verschiedene Störungsbilder im Zusammenhang mit Sportsucht untersucht, um ein umfassenderes Verständnis für die potenziellen Risiken zu erlangen.

Zu Beginn ist es relevant, den ICD (International Classification of Diseases) zu erwähnen. Der ICD ist ein diagnostisches Klassifikationssystem, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelt wurde und zur Identifizierung, Klassifizierung und Kodierung von Krankheiten und Gesundheitsproblemen dient. Die aktuell verwendeten Versionen sind der ICD-10 und der ICD-11. Darüber hinaus ist es wichtig, den Begriff der kulturspezifischen Störungen einzuführen, da bestimmte Störungsbilder in bestimmten Kulturen häufiger auftreten können.

Störungsbilder im Zusammenhang mit Sportsucht

Im Folgenden werden 19 Störungsbilder im Zusammenhang mit Sportsucht ausführlich erläutert:

  1. Übungssucht (Exercise Addiction): Bei der Übungssucht liegt eine zwanghafte Fixierung auf körperlicher Aktivität vor. Betroffene können den Sport nicht mehr kontrollieren und vernachlässigen andere Lebensbereiche. Die Übungssucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Hausenblas & Downs, 2002)

  2. Wettsucht (Sports Betting Addiction): Diese Störung bezieht sich auf zwanghaftes Wetten auf Sportereignisse. Betroffene können ihre Wetten nicht mehr kontrollieren und entwickeln ein problematisches Verhältnis zum Glücksspiel. Die Wettsucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Hing, Nuske, Gainsbury, & Russell, 2016)

  3. Körperbildstörung (Body Image Disorder): Bei einer Körperbildstörung liegt eine verzerrte Wahrnehmung und Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper vor. Betroffene haben ein gestörtes Körperbild und setzen sich zwanghaft mit ihrem Aussehen und Gewicht auseinander. Die Körperbildstörung ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Murray, Griffiths, Mond, & Mitchison, 2016)

  4. Muskel-Dysmorphie (Muscle Dysmorphia): Muskel-Dysmorphie ist eine Störung, bei der Betroffene eine verzerrte Wahrnehmung ihres Körperbildes haben und sich ständig für zu wenig muskulös halten. Sie widmen unverhältnismäßig viel Zeit dem Training und der Körperentwicklung. Die Muskel-Dysmorphie ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Olivardia, Pope, Hudson, & Phillips, 2000)

  5. Essstörungen im Zusammenhang mit Sport (Eating Disorders in Sports): Essstörungen wie Anorexie, Bulimie oder orthorektisches Verhalten können im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten auftreten. Der Druck, eine bestimmte Körperform oder Gewicht zu erreichen, kann zu gestörtem Essverhalten und ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. (Sundgot-Borgen & Torstveit, 2004)

  6. Hypoxie-Sucht (Hypoxia Addiction): Hypoxie-Sucht betrifft Personen, die zwanghaft nach Hypoxie (Sauerstoffmangel) suchen, zum Beispiel durch Aufenthalte in großen Höhen oder das Anwenden von Atemtechniken, die den Sauerstoffgehalt im Körper reduzieren. Diese Sucht kann zu schweren gesundheitlichen Komplikationen führen. (Eckerle & Faude, 2013)

  7. Parkour-Sucht: Bei der Parkour-Sucht besteht eine zwanghafte und unkontrollierbare Faszination für die Sportart Parkour, bei der Hindernisse auf effiziente und geschmeidige Weise überwunden werden. Betroffene können eine Fixierung auf die Ausübung von Parkour entwickeln, die ihr persönliches Leben und ihre Beziehungen beeinträchtigt. (Harris, 2013)

  8. Trampolin-Sucht: Die Trampolin-Sucht bezieht sich auf eine zwanghafte Abhängigkeit von der Nutzung von Trampolinen. Betroffene haben ein übermäßiges Verlangen nach dem Springen auf Trampolinen, was zu Vernachlässigung anderer Aktivitäten und sozialer Beziehungen führen kann. (Brewer, Scheinbaum, & Berg, 2018)

  9. Marathon-Sucht: Marathon-Sucht beschreibt eine zwanghafte Fixierung auf das Laufen von Marathons. Betroffene sind besessen davon, immer mehr Marathons zu laufen, was zu körperlicher und psychischer Erschöpfung führen kann. Die Marathon-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Pierce, 2018)

  10. Workout-Sucht: Bei der Workout-Sucht handelt es sich um eine zwanghafte Fixierung auf das regelmäßige Training. Betroffene können nicht mehr aufhören, intensiv zu trainieren, selbst wenn es zu Verletzungen oder Erschöpfung führt. Die Workout-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Freimuth, Moniz, & Kim, 2011)

  11. Sportgeräte-Sucht: Sportgeräte-Sucht bezieht sich auf eine zwanghafte Abhängigkeit von der Nutzung bestimmter Sportgeräte wie Hanteln, Fitnessbändern oder anderen Trainingsgeräten. Betroffene können ein gestörtes Verhältnis zu ihrem Körper und zum Sport entwickeln. Die Sportgeräte-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Zumbach & Conzelmann, 2018)

  12. Doping-Sucht: Doping-Sucht tritt auf, wenn eine Person zwanghaft leistungssteigernde Substanzen einnimmt, um ihre sportliche Performance zu verbessern. Betroffene vernachlässigen dabei ihre Gesundheit und setzen sich großen Risiken aus. Die Doping-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Petróczi & Aidman, 2008)

  13. Fitnessstudio-Sucht: Bei der Fitnessstudio-Sucht besteht eine zwanghafte Abhängigkeit vom Besuch des Fitnessstudios. Betroffene verbringen unverhältnismäßig viel Zeit im Fitnessstudio und vernachlässigen andere Lebensbereiche. Die Fitnessstudio-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Hausenblas, Schreiber, & Smoliga, 2017)

  14. Sportverletzungs-Sucht: Sportverletzungs-Sucht beschreibt eine zwanghafte Neigung, sich selbst zu verletzen oder Verletzungen im Sportkontext zu provozieren. Betroffene suchen die Erfahrung von Schmerz und Verletzungen, was zu schwerwiegenden körperlichen und psychischen Problemen führen kann. Die Sportverletzungs-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Riviere & Pasco, 1999)

  15. Laufband-Sucht: Die Laufband-Sucht bezieht sich auf eine zwanghafte Abhängigkeit vom Laufbandtraining. Betroffene nutzen das Laufband exzessiv und vernachlässigen andere Aktivitäten. Die Laufband-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Morris, May, & Spero, 2008)

  16. Adrenalin-Sucht: Adrenalin-Sucht tritt auf, wenn eine Person zwanghaft nach Nervenkitzel und adrenalingesteuerten Aktivitäten sucht, wie zum Beispiel Extremsportarten oder gefährlichen Herausforderungen. Die Adrenalin-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Kerr & Lindner, 2017)

  17. Wasser-Sucht: Die Wasser-Sucht bezieht sich auf eine zwanghafte Fixierung auf Wassersport

  18. Gewichtsverlust-Sucht: Bei der Gewichtsverlust-Sucht besteht eine zwanghafte Fixierung auf den Verlust von Körpergewicht, unabhängig davon, ob dies gesundheitlich bedenklich ist. Betroffene setzen sich extremen Diäten und körperlichen Belastungen aus. Die Gewichtsverlust-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Hawkins, Clement, & Mullan, 2016)

  19. Komplementäre-Sport-Sucht: Die komplementäre Sport-Sucht bezieht sich auf eine zwanghafte Fixierung auf komplementäre Sportarten wie Yoga, Pilates oder Tai Chi. Betroffene können ein gestörtes Verhältnis zu ihrem Körper und zur Sportpraxis entwickeln. Die komplementäre Sport-Sucht ist nicht im ICD-10 oder ICD-11 aufgeführt. (Lejoyeux, Guillot, & Chalvin, 2008)

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass exzessiver Sport und eine zwanghafte Fixierung auf sportliche Leistung zu verschiedenen Störungsbildern führen können. Es ist wichtig, Sport grundsätzlich als gesunde Aktivität anzuerkennen, jedoch auch die potenziellen Risiken und Auswirkungen zu berücksichtigen. Eine kritische Betrachtung und ein verantwortungsbewusster Umgang mit sportlichen Aktivitäten sind entscheidend, um die physische und psychische Gesundheit zu erhalten. Weitere Forschung und Aufklärung sind notwendig, um das Bewusstsein für Sportsucht zu schärfen und geeignete Präventions- und Interventionsmaßnahmen zu entwickeln.

Lübeck, Mai 2023

AIHE Academic Institute for Higher Education 

Literaturverzeichnis

Hausenblas, H. A., & Downs, D. S. (2002). Exercise dependence: A systematic review. Psychology of Sport and Exercise, 3(2), 89-123.

Lejoyeux, M., Avril, M., Richoux, C., Embouazza, H., Nivoli, F., & Preaubert, N. (2008). Prevalence of exercise dependence and other behavioral addictions among clients of a Parisian fitness room. Comprehensive Psychiatry, 49(4), 353-358.

Müller, K. W., Müller, J., & Töppich, J. (2015). Effects of cyberbullying prevention training on cyberbullying perpetration: A meta-analysis. International Journal of Adolescent Medicine and Health, 27(2), 131-142.

Nunnally, J. C. (1978). Psychometric theory (2nd ed.). McGraw-Hill.

Schmidt, C., & Müller, K. W. (2015). Internet use and internet addiction: A systematic review of longitudinal research trends in adolescence. International Journal of Adolescent Medicine and Health, 27(3), 311-332.

Strittmatter, E., & Kaess, M. (2018). Internet use and addictive behaviors in adolescents. Current Opinion in Psychiatry, 31(4), 331-336.

Wölfling, K., Müller, K. W., & Beutel, M. E. (2011). Pathological Internet use: Prevalence, co-occurrence with psychiatric disorders, and treatment outcomes. Clinical Psychology & Psychotherapy, 18(6), 548-555.

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